Shadow Leverkusen
Erzähle uns deine Shadow-Geschichte
Gerne würde wir aus diesem Beitrag ein Community-Format machen und möchte dafür gerne eure Shadow-Geschichte hören. Ob als Artikel oder vielleicht sogar als kleiner unregelmäßiger Podcast. Wenn ihr also Interesse habt, meldet euch doch gerne per Mail oder WhatsApp bei uns:
Vom Schulhof in die Nacht
Das Shadow hat mein Leben maßgeblich geprägt. Alles begann mit einer zufälligen Begegnung an meiner Realschule. Ein ehemaliger Mitschüler, der die Gothic-Szene in Leverkusen bereits kannte, stellte mich dem noch jungen Club vor. Inmitten Gleichgesinnter fand ich einen Ort, an dem ich mich selbst entfalten und meine Individualität leben konnte. Ich musste meine chaotische Gefühlswelt nicht länger verstecken.
Die dunklen Klänge, die tiefgründigen Gespräche und die damaligen Emotionen haben sich tief in meiner Persönlichkeit verankert. Bei nahezu jeder Gelegenheit besuchten wir das Shadow und tanzten bis zum Morgengrauen. Das Shadow war mehr als nur ein Club – es wurde ein Zuhause/ein Refugium für eine ganze Generation – Bis heute ein zweites Wohnzimmer!
KOFFER SCHLEPPEN UND DESIGN
Mit der Zeit lernte ich nicht nur meine neuen Mitbewohner besser kennen, sondern auch das Shadow-Personal, welche mich durch viele Höhen und Tiefen begleitet haben. Darunter befand sich auch der damalige Inhaber & leidenschaftlicher Szene-DJ Ralf Nesh. Während ich regelmäßig nach den Partys mit dem Besen durchs Shadow huschte und beim Koffer-Schleppen mit angepackte, führten wir sehr persönliche Gespräche und stärkten von Nacht zu Nacht unser freundschaftliches Band. So blieb es nicht aus, dass Ralf auch von meiner Expertise als Mediengestalter erfuhr – ich war damals in Ausbildung in einer größeren Werbeagentur.
Durchs Shadow ergaben sich wohl auch mit die ersten freiberuflichen Aufträge meiner Laufbahn. Anfangs waren es die kleinen Programmhefte, die ich übernommen hatte und es folgten einige klassische Flyer und Plakate. Ich wünschte ich hätte noch Zugang zu diesen Arbeiten aus den Jahren 2006 bis 2012. Ralf bestärke mich stets in meiner Entscheidung selbstständig tätig zu sein und motivierte mich immer wieder diese gewonnene Freiheit nicht aufzugeben. Er wurde für mich vom Freund zum Mentor, an dem ich mich noch heute liebevoll und in Ehren erinnere.
Ab 2010 bis 2013 hatte Ralf dann den Versuch gestartet eine zweite (bzw. mit dem „Pavillon“ in Wuppertal, eine dritte) Diskothek in Kierspe aufzubauen. Hier habe ich zwar diverse mediale Arbeiten übernommen (Homepage, Flyer, Plakate, etc.), aber ich habe es nicht einmal geschafft vorbeizuschauen. Offensichtlich war ich damit nicht der einzige fehlende Gast im „Revolution Kierspe“ und Ralf kündigte im Dezember 2013 den Pachtvertrag.
BALANCEAKT ZWISCHEN LEIDENSCHAFT UND BERUF
Ab 2014 habe ich immer wieder kleinere grafische Arbeiten fürs Shadow abgearbeitet, aber so intensiv wie in den Jahren davor, wurde es erstmal nicht mehr. Ich habe mich schwer damit getan für den Club zu arbeiten, in welchem ich einfach nur meine Seele baumeln lassen wollte, eben ohne mit meinem Beruf konfrontieret zu werden. Auch hatte ich mir mittlerweile übers Shadow hinaus einen guten Kundenstamm erarbeitet und war beruflich sehr eingespannt.
So ganz Konsequent war ich mit meiner selbst auferlegten Vorgabe dann allerdings auch nicht und machte von 2015 bis 2018 regelmäßig Eventfotos von euch in unserem zweiten Wohnzimmer – das Feedback zu den Party-Fotos war äußerst positiv und die Begeisterung von euch Gästen steckte mich mit jeden Abend hinterm Objektiv mehr an. Das war eine richtig schöne Zeit.
VERBRANNTE ERDE
Ich habe zwar immer wieder mal Shadow-Pausen gehabt, aber diese Zwangspause nach dem Brand 2018 hatte mir massiv zu schaffen gemacht. Ich vermisste die Menschen, die ich mit der Zeit als Familie gewonnen hatte, den Austausch untereinander, auch wenn sich viel verändert hat. Die Community hat sich neu erfunden, wir alle haben uns gewandelt. Ich denke nach so vielen Jahren ist dies aber auch vollkommen normal. Zu diesem Zeitpunkt war mir die Veränderung allerdings zu fremd und ich habe die Energie verloren, die mir in den Jahren zuvor das Shadow bedeutet hatte.
Mit dem Tod von meinem Mentor Ralf im gleichen Jahr, habe ich damals auch mein „zweites Wohnzimmer“ verloren. Ich war kein Teil des Aufbauteams, ich war kein Teil vom Shadow. Im übertragenden Sinne war ich Obdachlos und auch in meinem Leben drohte mir wortwörtlich die Obdachlosigkeit. Nicht nur das Shadow wurde wieder aufgebaut, auch ich konnte mich im Leben wieder stabilisieren. Ein Prozess der bis heute in Arbeit ist.
IM SCHATTEN DER VERÄNDERUNG
Aufgrund meiner privaten Baustellen, die mein Leben bedeuten, wurde es die nächsten Jahre sehr still, was meine Kooperation mit der Diskothek angeht. Ich musste mich als Person erstmal wiederfinden. Auch war ich als Gast immer seltener zu sehen, bin untergetaucht, habe mich neuen Dingen und Projekten gewidmet. Doch das Band und die Sympathie zum Shadow blieben stets erhalten, da konnten auch die Corona-Jahre nicht dran rütteln.
Ich konnte meine drohende Obdachlosigkeit abwenden, habe meinen ungesunden Drogenkonsum in den Griff bekommen, habe gelernt Hilfe in Anspruch zu nehmen und wieder meine persönliche Freude am Leben gefunden. Auch in Sachen der mentalen Gesundheit habe ich eine größtenteils gute Stabilität gefunden. Doch es ist nicht alles Gold was glänzt, aber welches Leben ist schon perfekt.
Diese Zeit widmete ich, über die persönlichen Baustellen hinaus, aber auch meiner Kunst und baute mein privates/ehrenamtliches Engagement in der freien Kulturszene Leverkusen weiter aus. Ich entwickelte eigene Konzepte und Veranstaltungen in den Bereichen der ausstellenden Kunst, Livemusik und Literatur. Ein Engagement was auch von der Stadt, im Jahr 2020, mit der Nominierung zum „Leverkusen-Taler“ gewürdigt wurde (eine von 11 Nominierungen im Jahr 2020).
PHÖNIX AUS DER ASCHE
Im März 2023 habe ich meine ehrenamtliche Tätigkeit fürs Shadow wieder aufgenommen und entwickelte neue Veranstaltungsbanner und Co. Aber so richtig Fahrt aufgenommen hat diese Tätigkeit dann erst im November, als Marcel sich hier meine permanente Unterstützung wünschte. Diesen Wunsch wollte ich zu einem meinem langjährigen Freund und auch zum Wohle des Shadow nicht ablehnen.
Für grafische Arbeiten, Animationen, Event-Fotografie, Social Media-Support, etc. sind dabei bereits mehr als 360 Stunden (Stand: 07.11.2024) entstanden. Zeit, für die ich nicht bezahlt werde, die ich aber gerne investiert und auch weiterhin investieren werde. Denn dafür bedeutet mir das Shadow zu viel, und ich leiste gerne meinen Beitrag für den Erhalt.